Elternzeit langweilig – Psychologische Tipps

Elternzeit langweilig – geht das?

Die Elternzeit stellt eine absolute Veränderung der Lebensumstände dar. Vorher gibt es vielleicht viele Wünsche und Pläne, die nicht alle eintreffen.

So erleben viele Menschen die Elternzeit plötzlich als langweilig und wissen nicht genau, was sie mit der Zeit anfangen sollen.

Oder vielmehr: Wie sie die Zeit sinnvoll gestalten sollen.

Hinzu kommt, dass der Job oft vermisst wird – und die sozialen Kontakte oder die Anerkennung, die man dadurch bekommen hat.

Nur noch Baby Mama in der Elternzeit

Manchmal erleben es Menschen so, als sei das gesamte Leben vor dem Baby wie weggewischt. Eine Klientin berichtet mir einmal ihr Erleben:

Wie schlimm diese Unwichtigkeit des „Lebens davor“ war, habe ich im Rückbildungskurs festgestellt. Dort lief die Vorstellungsrunde folgendermaßen: „Bitte sagen Sie Ihren Namen, den Ihres Kindes und wann und wie es auf die Welt gekommen ist.“.

Ich werde diesen Abend nicht vergessen. Mir wurde klar, dass mein Leben vorher in diesem Setting absolut keine Wertigkeit mehr hatte. Ich war eine Mutter. Fertig.

Klar ist es auch schön, sich dem gemeinsamen Gefühl hinzugeben, unter Müttern zu sein, endlich zu diesem Club zu gehören. Aber ich wollte ja auch noch eine Person sein! War das zu egoistisch?

Langweilige Tätigkeiten in der Elternzeit

Es dreht sich alles um das Kind. Der Tagesablauf, die Tätigkeiten. Das kann für manche schnell langweilig werden.

Brei kochen, auf den Spielplatz gehen, spazieren. Nicht jede*r ist dazu gemacht, diese Dinge zu genießen.

Natürlich ist das alles abhängig von dem Charakter des Babys. Es gibt durchaus Eltern, die viel Zeit zur Verfügung haben. Und andere, die mit einem High-Needs-Baby von Langeweile in der Elternzeit träumen würden. 

Verlust der Arbeit in der Elternzeit bewusst wahrnehmen

Wer vorher Arbeiten war, der vermisst oft seinen Arbeitsplatz.

In der Verhaltenstherapie sprechen wir bei dem Wegfall einer positiven Sache im Leben von „Verstärkerverlust“.

Diese positiven Dinge (zum Beispiel Sport, Freunde treffen, Hobbys), verstärken das positive Erleben.

Und da die Arbeit nebst vielen anderen positiven Erlebnisse gerade wegfällt, kommen viele Eltern in die Situation eines Verstärkerverlustes.

Eine Theorie zur Entstehung von Depressionen stützt sich genau darauf: durch eine negative Stimmung oder Erschöpfung werden nicht mehr so viele positive Handlungen durchgeführt, dadurch gibt es weniger positives Erleben, dadurch hat man noch schlechtere Stimmung und so weiter. Es entsteht eine Abwärtsspirale.

Mutterschaft ist ein sehr kritisches Lebensereignis, was schnell mit Verstärkerverlusten einher gehen kann. Die Arbeit ist für viele starke Säule, die das Leben hält.

Neu orientieren mit Baby – die Langeweile überwinden

Ausgehend von einem Modell der Stützen, welche die Stimmung und das Selbstwertgefühl halten, kann man gut und verständlich erklären, was nötig ist, um nicht in die Abwärtsspirale zu rutschen. Damit NICHT die Elternzeit langweilig wird oder gar zu einem Trittbrett in die Depression.

Es gibt viele Theorien hierzu, und ich möchte eine von mir modifizierte Version hier vorstellen.

Die Stützen die die Zufriedenheit halten können heißen

  • Arbeit
  • Soziale Beziehungen
  • Partnerschaft
  • Einstellung zur eigenen Person

Wenn eine Stütze wegbricht, sind die anderen Stützen noch in der Lage, das Dach zu halten. Brechen zwei Stützen weg, wird es schon schwieriger. Auf einer Stütze allein kann ein Dach nicht halten.

Wenn jetzt also die Stütze der Arbeit wegfällt, muss ich entweder stattdessen eine neue Stütze aufbauen, zum Beispiel „Mutterschaft“. Oder ich stärke die anderen Stützen, damit trotzdem noch Stabilität herrscht.

Den Grund für die Langeweile in der Elternzeit finden

In der Elternzeit kann man nun also etwas gegen die Langeweile tun. Man sollte zuerst einmal überlegen, warum man sich so fühlt.

  • Ist es der beschriebene Wegfall der „Verstärker“?
  • Ist es die fehlende Tagesstruktur?
  • Oder vermisse ich geistigen Input?

Erstelle am besten eine Liste zu deiner „Elternzeit Langeweile“. Wenn du den Grund herausgefunden hast, kannst du etwas dagegen tun!

Aktiv werden gegen langweilige Elternzeit

Es gibt viele Handlungsoptionen, die die Langeweile in der Elternzeit reduzieren können.

Natürlich sind diese abhängig von dem Grund deiner Unzufriedenheit. Immer wieder ist dies Thema in meinen Beratungen junger Eltern. Es haben sich folgende Maßnahmen vermehrt als hilfreich erwiesen.

Gegen Elternzeit langweilig kannst du dies tun: 

  • Sorge für deine geistige Anregung: Beschäftige dich mit einem interessanten Thema oder bilde dich fort.
  • Schaffe eine Tagesstruktur: Das ist hilfreich für das Kind und dich. So kann es gelingen, Zeitfenster für deine eigenen Interessen zu schaffen.
  • Arrangiere dich mit den veränderten Anforderungen: Nicht alles bringt Freude. Aber es ist nur eine begrenzte Zeit. Mach dir das bewusst.
  • Nimm soziale Kontakte auf: Schaffe neue Bekanntschaften und lass alte Freundschaften nicht versiegen.
  • Setze dir Ziele: So lebst du nicht „einfach in den Tag hinein“ und hast nachher das Gefühl, dass nichts passiert.

Elternzeit als Ausnahmesituation: Freude statt Langeweile

Es liegt also in deiner Hand, wie du diese Zeit gestaltest.

Lass sie nicht einfach vergehen, sondern gestalte deine Elternzeit aktiv.